#7 - Teneriffas Süden & La Gomera

Nachdem wir in Santa Cruz unsere Einkäufe & kleinere Arbeiten am Boot erledigt haben, planen wir die Küste nach Süden zu segeln. Santa Cruz ist die letzte größere Stadt, die in der nächsten Zeit auf unserem Plan steht und die großen Supermärkte dort bieten einen Lieferservice bis zum Steg für Segler an. Daher machen wir das Boot randvoll mit Pasta, Konserven und Co. und brechen Ende Januar entspannt Richtung Süden auf. Unser Ziel ist eine Ankerbucht in der Nähe des Flughafens, weil wir Besuch von Claudius Schwester bekommen. Die Winde auf den Kanaren sind bekannt dafür vor allem zwischen den Inseln ein bisschen stärker zu sein. In den sogenannten Acceleration Zones können durch die hohen Berge starke Böen entstehen und eine ordentliche Düse aufkommen. Wir starten also erstmal mit konservativer Segelsetzung und der Tag beginnt entspannt bei Sonnenschein, wenig Welle und 15 Knoten Wind. Nach 2 Stunden nehmen Wind und Welle richtig Fahrt auf und unser schönes, frisch eingekauftes Obst und Gemüse startet einen Wettbewerb, wer am weitesten durch den Decksalon fliegt und dabei die größte Sauerei veranstaltet. Den Rest vom Tag schieben uns 20 bis 25 Knoten bis in unsere Ankerbucht im Süden. Annika wird abends mit dem Beiboot eingesammelt und wir lassen uns in den Schlaf schaukeln. Die Sir liegt zwar im Windschatten des kleinen Berges Montaña Roja aber der Schwell mogelt sich trotzdem in die Bucht. Ankern ist an den Kanarischen Inseln nicht so einfach wurde uns gesagt, weil der Atlantikschwell immer da ist. Nach der Nacht können wir das uneingeschränkt bestätigen. Am nächsten Morgen gibt es erstmal ordentlich Kaffee und wir stiefeln zum wach werden auf den kleinen Berg direkt am Strand.

Teneriffa: Playa de la Tejita & Caleta de Adeje 

Am nächsten Tag segeln wir die Küste weiter bis in den Südwesten. Der Süden Teneriffas ist im Vergleich zum Norden weniger grün, es gibt mehr Hotels und deutlich mehr Tourismus. Auch die Freizeitboote und Ausflugsdampfer nehmen zu. Wir finden eine ruhige Ankerbucht und wollen die Küste erkunden, also ab ins Dinghy Richtung Strand. Das Beiboot ist quasi unser Auto, wir fahren damit von A nach B und haben die verträumte Vorstellung, ganz entspannt damit durch die Gegend zu düsen.

An unserer Ankerbucht gibt es nur einen steinigen Strand, sieht aber von Weitem ganz nett aus. Wir quetschen uns zu dritt in unsere Nussschale und weil die Strecke kurz ist, beschließen wir zu paddeln und den Motor nicht zu nutzen. Naja Claudius paddelt und die Mädels machen sich dünn. Je näher wir an den Strand kommen, desto steiler sieht das Ganze aus. Dazu kommt die Welle, die von Weitem noch ganz machbar aussieht, aber beim Näherkommen immer grösser wird. Naja... 10 Sekunden später und wir werden an den Strand gespült, alle bis zur Hüfte klitsch nass, aber wir schaffen es heil aus dem Wasser. Wir wollen zum Abendessen in den Ort laufen und fragen uns nervös schmunzelnd, wie wir eigentlich im Dunkeln zurück zum Boot kommen wollen. Da wir sowieso schon im Schlamassel sitzen, gehen wir trotzdem Essen. Claudius hat leider seine Schuhe auf dem Boot vergessen (oder die anderen haben sie nicht eingepackt) und er muss die 2 km Barfuß laufen. Mit nassen Klamotten, ohne Schuhe und unter viel Gelächter (Segler sollten über sich selbst lachen können) machen wir uns auf zum Abendessen. Wir organisieren Claudius noch ein modisches Highlight (FlipFlops im Brazil-Design) aus dem Supermarkt, damit wir den Dresscode für die Restaurants im Ort wenigstens zur Hälfte einhalten.

Nach dem Essen laufen wir also den steinigen Küstenweg im Dunkeln unter dem leuchtenden Sternenhimmel zurück zum Beiboot. Am Strand angekommen beobachten wir die Welle (inzwischen ist Ebbe), diskutieren oberschlau unsere wohl überlegte Strategie und schmieden den perfekten Plan: Claudius zuerst, damit er paddeln kann. Annika und Sventja schieben an und springen rein. Die Realität läuft ungefähr so ab: Claudius sitzt im Beiboot und will paddeln, setzt aber auf einem großen Stein auf und kommt nicht vom Fleck. Annika hechtet mit dem Rucksack vor und landet zwar im Dinghy, leider sitzen wir immer noch auf dem Stein fest. Sventja springt hinten rein statt vorne, und als wir nach drei kleineren Wellen schon aufgeben wollen kommt die nächste große und wir können uns frei schieben. Natürlich sind die Klamotten wieder klitschnass aber immerhin schaffen wir es unbeschadet zurück zur Sir. Leider haben wir diese Szene nicht auf Video, es wäre großes Kino.

Teneriffa: Los Gigantes

Am nächsten Morgen werden wir von einem der Hippies begrüsst, die in den Buchten an der Küste leben. Er schwimmt an unserem Boot vorbei und stellt sich als "the swimmer of the tribe" vor. Er ist Teil einer Gruppe, die in den Höhlen am Strand wohnt und regelmäßig die Segelboote bzw. Tagestouristen am Strand begrüßt. Fasziniert denken wir über alternative Lebensweisen nach und sind froh, mit unserem Boot die Freiheit zu haben jederzeit weiterziehen zu können. Am Strand ist bereits einiges los, wir gehen kurz baden und machen uns weiter auf Richtung Los Gigantes, einer der wenigen Häfen an der Küste. Wir haben einen Platz zum Anlegen reserviert und dürfen neben dem Piratenschiff festmachen. Zwei mal am Tag schippert das Schiff einen Haufen Touristen raus auf See und spielt bei der Ausfahrt lautstark die Filmmusik von Fluch der Karibik. Wir überlegen, ob wir für unsere zukünftigen Ablegemanöver ebenfalls musikalische Begleitung in voller Lautstärke brauchen und gehen wie immer erstmal eine Runde wandern. Annika tritt nach 5 entspannten Tagen wieder die Heimreise an und wir sehnen uns nach einem ruhigeren Ort mit etwas weniger Tourismus. Anfang Februar verabschieden wir uns von Teneriffa und nehmen Kurs auf La Gomera.

La Gomera: Hafen von San Sebastián mit Teneriffa im Hintergrund

LA GOMERA

La Gomera ist nur ein drei Stunden Törn entfernt und bei schönstem Wetter machen wir den kurzen Sprung. Wir haben uns im Hafen von San Sebastián für 3 Nächte angemeldet und wollen uns ein bisschen ausruhen bevor wir wieder vor Anker gehen, da wir beide gesundheitlich nicht ganz fit sind (auch im Paradies wird man leider mal krank). Was wir zu dem Zeitpunkt wohl beide nicht ahnen, es bleibt nicht bei 3 Nächten sondern am Ende werden es 4 Wochen. Ein weiteres Kapitel unserer Reise, das ganz anders geplant war.

 

Die folgenden zwei Wochen passiert: Nichts. Wir liegen beide nacheinander mit etwas grippeähnlichem flach und bewegen uns maximal im 500 Meter Radius um den Hafen (Supermarkt, Bäckerei, Pizzeria). Zwangspause also. Im Moment des Leidens fühlt es sich furchtbar an aber im Nachhinein betrachtet gar nicht so schlecht und wir kommen mal wieder zur Ruhe. Ein paar kleinere Arbeiten (Mückennetz nähen, Schlafplatz im Cockpit optimieren) schaffen wir grade so. Währenddessen machen wir uns die ersten Gedanken, es ist immerhin schon Mitte Februar und wir wollten doch in die Karibik. Wo wollen wir noch hin? Lacht uns der Atlantik noch an? Oder bleiben wir auf den Kanaren und erkunden die restlichen Inseln? Man könnte ja mal nach Madeira rüber und das Mittelmeer ist auch schön. So oder so, unser aktueller Rad-Autopilot ist nicht für die Atlantikwelle geschaffen und wir haben schon seit Spanien die Teile für einen hydraulischen Autopiloten an Board. Bisher keine Zeit gehabt uns dem zu widmen, halten wir es jetzt für den richtigen Moment. Egal wo wir hin wollen, den Autopiloten brauchen wir. Und hiermit beginnt eine aufwendige Komödie in 3 Teilen, die uns zwischendrin an den Rand der Verzweiflung treibt.

La Gomera: Umgebung von San Sebastián 

Der Plan ist total simpel. Wir haben bereits durch unseren Innensteuerstand ein funktionierendes hydraulisches System an Bord. Wir müssen also (1) nur eine weitere Pumpe für den Autopiloten anschließen, (2) einen Rudergeber installieren, damit der Autopilot weiß wie das Ruder steht, und (3) den Autopiloten konfigurieren, damit er weiß, wo links und rechts ist (salopp gesagt). In unserem blühenden Optimismus geben wir uns für die Geschichte 3 Tage und legen los. (Anmerkung: Man könnte auch eine Plug-and-Play Lösung kaufen, aber die kostet 5 Mal so viel und wo bleibt da die Freude am Basteln. Für allgemeines Verständnis vereinfachen wir unsere Darstellung hier etwas, falls sich jemand für technische Details interessiert, meldet euch).

 

(1) Die Pumpe installieren ist kein Hexenwerk. Leider stellen wir fest, uns fehlen die richtigen Adapter. Die alten Hydraulik Schläuche passen nicht auf die neue Pumpe. Wir starten den üblichen Spaziergang zu allen Baumarkt-ähnlichen Tante Emma Läden. Alles erfolglos und wir klopfen am Ende Auto bzw. LKW-Werkstätten ab und müssen feststellen: Auf La Gomera gibt es keine hydraulischen Ersatzteile. Wir stiefeln demotiviert zurück in den Hafen und fangen stattdessen mit Nummer zwei auf der To Do Liste an.

 

(2) Wir basteln am Rudergeber in der achterlichen Backskiste. Es dauert wie immer länger als gedacht, da uns die passenden Schrauben fehlen. Also wieder ab in die Baumärkte, leider gibt es auf der ganzen Insel keinen Laden der eine M10 Verlängerungsmutter hat. Ist das ein Zeichen?

 

Also zurück zu (1). Wir fragen die anderen Boote am Steg, ob vielleicht jemand noch was in der Backskiste rumfliegen hat. Ein Stegnachbar hat letztes Jahr auf seinem Motorboot die Hydraulik getauscht und er meint sich zu erinnern, er hat genau die Adapter die wir brauchen (ja ist das denn möglich?). Hoffnung wieder da! Er meldet sich bis spätestens morgen nochmal. Da wir nicht nur auf ein Pferd setzten wollen, schreiben wir ein paar Fachmärkte auf den großen Inseln Teneriffa und Gran Canaria an, ob sie haben was wir brauchen.

 

Währenddessen fixen wir (2), nachdem Claudius im wahrsten Sinne in einer schlaflosen Nacht die Idee kam, wie wir das auch ohne M10 Verlängerungsmutter regeln können. 4 Stunden und einige Verrenkungen in der Backskiste später sitzt unser Rudergeber da wo er hin soll. Erster ERFOLG!

 

Zeit für (1). Unser Bootsnachbar hat leider nicht die richtigen Adapter. Von den 7 Läden, die wir kontaktiert haben, wissen 2 nicht wovon wir sprechen, 2 haben gar nicht geantwortet bzw. direkt wieder aufgelegt und 3 Fragen nach der Seriennummer aus einem Katalog. Wir googeln wie die Weltmeister und stellen fest, das was wir brauchen gibt es nicht von der Stange. Wir verbringen Stunden damit zu überprüfen welche Adapter wir wirklich brauchen. Scheinbar sind unsere Schläuche ein Mix aus Anschlüssen verschiedener Systeme: amerikanisch, britisch und europäisch. Wir verfluchen in Gedanken alle Mechaniker die jemals in unserem Boot in den letzten 30 Jahren irgendwas installiert haben. Es dauert viel länger als wir geplant haben, aber irgendwann sind wir uns sicher zu wissen, was wir brauchen. Leider kann uns aber niemand helfen. Die Laune ist im Keller. Ohne Autopilot wollen wir nicht weiter. Zurück nach Teneriffa wollen wir aber auch nicht und die Adapter vom Festland bestellen dauert Wochen. Frustrationslevel hoch.

 

Machen wir mal mit Nummer (3) weiter, den Autopilot konfigurieren. Dafür sind zwei Dinge notwendig: ein Software Update und die Konfiguration im NMEA 2000 Netzwerk. Das Software-Update soll über einen Adapter stattfinden, der das Netzwerk mit einem Laptop verbindet. Wir haben so einen (sündhaft teuren) Adapter in Frankreich gekauft, nur irgendwie tut er für sein Geld nicht das was er soll. Also wird der Kundensupport kontaktiert (bzw. mit E-Mails überschüttet). Wir haben Glück, der Kundensupport ist wirklich gut und Claudius schreibt locker 20 Mails pro Tag hin und her. Leider beträgt die Lieferzeit für einen neuen Adapter mehrere Wochen und uns wird mitgeteilt, wir bräuchten zur Konfiguration des Autopiloten eigentlich einen Kartenplotter (Anmerkung für Nicht-Segler: Das ist ein Navigationsgerät mit elektronischen Seekarten). Wir haben aber keinen Kartenplotter weil wir das alles über unser I-Pad steuern. Claudius Wille nimmt Fahrt auf. Er läuft von Steg zu Steg und fragt jedes Boot, ob sie uns ihren Kartenplotter ausleihen würden. Allerdings brauchen wir eine bestimmte Marke und die meisten Kartenplotter sind fest in den Booten verbaut, die Erfolgschancen sind also mehr als gering.

 

Zurück zu (1), die hydraulischen Adapter. Während der Suche nach dem Kartenplotter lernen wir den kompletten Hafen bzw. die Leute kennen. Unter anderem einen netten Segler aus Bayern (der aber seit 20 Jahren auf Gomera lebt und da irgendwie mal hängen geblieben ist). Der Gute genießt sein Leben in vollen Zügen, hat trotzdem Lust uns im Austausch für ein paar Bier (ganz der Bayer) zu helfen und Claudius soll zu ihm in die Werkstatt kommen. Hoffnung für das bisher unlösbare Adapter Problem! Der Plan: Wenn es die Adapter nicht gibt, dann werden sie einfach selbst gemacht. Claudius bewaffnet sich mit Franziskaner und die beiden stiefeln Richtung Werft. Nachdem kurz die Formalitäten mit dem Werft-Chef geklärt werden mussten, fangen die beiden an, die bisherigen alten Adapter anzubohren und neue Gewinde zu drehen. Am Ende des Tages und 10 Bier später haben wir unsere Adapter (nicht schön aber könnte funktionieren). ERFOLG! Am nächsten Tag werden die Dinger mit ordentlich Dichtmittel installiert. Danach entlüften wir noch das System, was auch wieder 3 Stunden dauert, weil wir erstmal eine Anleitung nach der nächsten studieren. Erster Test: Das System ist dicht und der Druck hält. Hoffnung so hoch wie nie!

Zugegeben, die Achterbahnfahrt unserer Laune bzw. Hoffnung ist recht anstrengend. Ausserdem wollen wir die Insel noch anschauen und wir nehmen uns 2 Tage Pause. Unser Programm wie immer: Eine Runde wandern. Wir sind seit 3 Wochen auf La Gomera und kennen bisher nur das Städtchen San Sebastián. Wir fahren mit dem Bus ins Landesinnere und wandern die wunderschönen grünen Felder Richtung Meer. Die Insel hat einiges zu bieten und anders als die großen Hauptinseln der Kanaren gibt es keine großen Hotelkomplexe oder Touristen-Hochburgen. Im Inneren findet man grüne Wälder, hohe Berge und Felder mit Blumen soweit das Auge reicht.

Nordküste La Gomera, Alojera

La Gomera: Monte de Garajonay & Chipude

Unser Bootsnachbar lädt uns am nächsten Tag zu einer Insel-Tour mit dem Mietwagen ein und wir fahren einmal rundherum. Es tut gut mal raus zu kommen und den Kopf vom Atlantik-Wind an der Nordküste frei blasen zu lassen. Wir essen frischen Fisch, können La Palma am Horizont erahnen und der endlos weite Blick auf das Meer lässt uns träumen. Es ist die Sehnsucht nach der Weite, nach dem Gefühl endlich in See zu stechen und an einem neuen Ort anzukommen, und unsere Akkus sind wieder aufgeladen.

La Gomera: Vallehermoso, Pescante de Hermigua, Mirador de Abrante

Mit frischer Energie kommen wir zurück zu (3). Wir definieren das Sprichwort "wo ein Wille ist ist auch ein Weg" neu: Wo Claudius Wille ist, da ist auch ein Weg. Wenn wir Nummer (3) schaffen, dann wollen wir den Sprung über den Atlantik wagen. Die Chose hier muss sich ja lohnen. Wir erinnern uns: Wir brauchen ein Software Update mit einem mutmaßlich kaputten Adapter und müssen eine Konfiguration mittels eines Kartenplotters machen, den wir nicht haben. 

Wie ein Wachhund prüfen wir täglich, welche Boote neu im Hafen sind und fragen nach den entsprechenden Kabeln und Adaptern. Inzwischen haben wir mögliche Workarounds im Kopf, damit wir auch ohne Kartenplotter und ohne Adapter arbeiten können. Weiterhin im Dauerkontakt mit dem Kundendienst des Autopilot-Herstellers. Leider sind die Systeme der Hersteller alle unterschiedlich (wäre ja auch kundenfreundlich, das ganze zu vereinheitlichen) und das macht es uns nicht leicht. Claudius mutiert zum Informatiker und dann finden wir tatsächlich ein Boot mit dem passenden Kartenplotter. Leider können wir ihn nicht ausleihen, sondern müssen unseren Rudergeber zum Konfigurieren auf das andere Boot bringen. Also: Das Teil bei uns wieder ausbauen, Kabel wieder rausziehen und im Boot am Nachbarsteg anschliessen. Aufwand, aber es funktioniert (da war selbst der Kundendienst überrascht).

Womit wir beim letzten Thema wären: Das Software Update mit dem kaputten Adapter. Nach viel Kopfzerbrechen, unzähligen Mails mit dem Kundendienst scheint die Lösung nahe. Während unserer ganzen Misere ist unser direkter Bootsnachbar ein treuer Zuhörer. Er leidet ein bisschen mit uns und wir dürfen seinen Adapter nutzen, um unser Software Update zu machen. Eigentlich haben wir unterschiedliche Systeme, die nicht kompatibel sind, aber wir schaffen es die richtigen Kabel und Adapter aufzutreiben und verlegen am Ende ein Verlängerungskabel von unserem NMEA Netzwerk quer über den Steg in sein Boot und können einen Laptop anschließen. Software Update läuft. Sicherlich nicht die Idee des Erfinders aber auch hier, wenn es funktioniert, ist es gut genug. ERFOLG! Jetzt nur noch die Testfahrt und dann wären wir wieder klar zum Ablegen. Ein bisschen nervös sind wir dann doch, funktioniert die Bastellösung und haben wir keine Fehler gemacht?

La Gomera: Testfahrt vor San Sebastián

Inzwischen sind wir seit über 3 Wochen auf La Gomera. Die Bastelei kostet uns Energie aber mit jedem Teilerfolg, ist die Motivation gestiegen und am Ende steht fest: Wenn das Ding jetzt funktioniert, lassen wir die Sektkorken knallen und machen uns auf Richtung Kapverden/ Karibik. Das Wetter diese Woche sieht gut aus (sehr gut sogar) und wir sind vorsichtig optimistisch. Zwischendurch organisieren wir uns noch ein drittes Crewmitglied. Weil uns der Schlafmangel auf den letzten Überfahrten das Leben schwer gemacht hat, wollen wir unsere Crew aufstocken und ein helfendes Paar Hände für die Nachtwachen an Bord nehmen. Die Hilfe ist schnell gefunden: Hitchhiker Louis, halb Brite halb Franzose, der grade seinen Master abgeschlossen hat und von Europa nach Martinique per Boot trampen möchte. Er hilft uns bereits in den Tagen der Autopilot Misere, indem er die Kommunikation mit allen französischen Booten übernimmt und Proviant einkauft.

 

Am Montag, den 3. März räumen wir das Chaos auf und fahren für die Testfahrt raus. Der erste Versuch floppt leider und wir müssen nochmal nacharbeiten. Abends folgt die zweite Testfahrt und der Autopilot funktioniert. Er macht was er soll, der Öldruck stimmt. Und dann beschließen wir: Übermorgen geht es los. Nach 4 Wochen bricht dann doch noch Hektik aus und es geht alles recht schnell. Einen Tag brauchen wir noch um Obst und Gemüse einzukaufen, vorzukochen, Essen zu vakuumieren, aufzuräumen und das Boot klar zu machen. Das Lächeln ist zurück in unseren Gesichtern, schnell werden noch Family & Friends angerufen und die letzten Seekarten runtergeladen. Es bleibt kaum Zeit um den Gedanken wirklich zu verstehen: Wir brechen auf Richtung Karibik. Falls es gut läuft, würden wir die Kapverden auch links liegen lassen und gleich in die Karibik abbiegen. Passiert das grade wirklich?

Wie immer sind es vor allem die Leute, die wir treffen, die uns die Zeit im Hafen während der Bastelei versüßen. Da sind andere Segler, die ähnliche Pläne haben wie wir, mit Rückschlägen kämpfen müssen und spät dran sind. Wir motivieren uns gegenseitig und man findet wirklich immer noch Boote, die auch im März/April noch Richtung Karibik aufbrechen wollen. Unser Bootsnachbar fragt täglich wie es läuft. Wir finden weitere Segler, die uns ihre Unterstützung anbieten, nach Teilen im Untergrund ihrer Boote kramen und mit Tipps und Erfahrung helfen wollen. Die Mitarbeiter im Baumarkt versuchen alles möglich zu machen, schneiden uns Schrauben und Gewindestangen zurecht. Die Angestellten im Hafenbüro, die unsere Reservierung ständig verlängern und dann ein bisschen schmunzeln, weil wir 3 Tage vor dem berühmten Karneval auf La Gomera endlich auslaufen wollen (sorry - wenn der Wind passt, dann muss der Segler los und es gibt kein zurück mehr). 

 

Am 5. März heisst es: Atlantic crossing - Yes SIR! Abfahrt Richtung Kapverden/ Karibik. Vorfreude, Nervosität, Aufregung, Müdigkeit, Glück, alles schwingt ein bisschen mit als wir endlich auslaufen. Die Welle nimmt langsam zu und unser Bug sticht zunehmend in die blaue See. Der Wind streicht in die Segel, das Boot kränkt leicht und nimmt Fahrt auf. Da ist es wieder - das bittersüße Gefühl der Freiheit, die Leinen losgemacht zu haben nach all der Anstrengung. Das endlos tiefe Blau unter einem und die Unsicherheit und Vorfreude, was uns die nächsten 3 Wochen erwartet. Es gibt nicht viele richtige Abenteuer in unserem bequemen Leben in Europa, aber das hier ist eines. Vielleicht sogar eins der Größten. Der letzte Blick zurück zum Hafen und vor uns liegt: Blau blau blau blau. Danke La Gomera, wir würden jederzeit zurück kommen (nur das nächste Mal mehr wandern statt basteln).

 

PS: Die Freuden unserer Überfahrt gibt es im nächsten Update. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Marlis (Sonntag, 06 April 2025 20:31)

    Oh wie gut dass ihr es doch noch geschafft habt und ins Blau aufbrechen konntet ! Danke für die herrlichen Bilder ! Toi toi toi für die lange Strecke �

  • #2

    Josy (Montag, 07 April 2025 10:28)

    Oh man, ganz schönes auf und ab bei euch. Hoffe das es jetzt ohne größere Schwierigkeiten für euch weiter geht. Wat beim lesen zwischen lachen und Kopfschütteln gefangen:) freu mich schon auf den nächsten Eintrag. Viel Erfolg und Spaß euch weiterhin. Lg